Ein Schiffsdiesel-Transport … reinstes Heavy Metal

 

Ein kleines, aber feines Diorama: Abfertigung eines Schiffsdieseltransports

durch den Dortmunder Haus- und Hoftransporteuer Voss International

auf einem stilisierten MAN Werksgelände

 

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Die Idee

Von Jürgen Böck (www.speckolores.de.vu), einem Modellbaukollegen, habe ich schon vor Jahren den Nachbau eines MAN B&W Schiffsdiesels als CNC-gefrästes HO-Modell geschenkt bekommen – ihm gilt immer noch mein besonderer Dank. Das Modell hatte immer einen Ehrenplatz bekommen, bislang wohl aber nie den Richtigen!

Erstens ist das Modell zu groß für die Vitrine, vor allem ist es aber viel zu schade, irgendwo hinein „gepresst“ zu werden. Daher musste eine Szene geschaffen werden, die das Motorenmodell richtig in Szene setzt.

Die zulässigen Vitrinenmaße von 55 x 25 cm sind gerade groß genug, um eine vorbildgerechte Kesselbrücke für einen Schiffsdiesel-Transport umzusetzen. Bei diesen Maßen kann natürlich nicht alles im Original nachempfunden werden – soll es auch nicht, daher ist vieles nur angedeutet. Vor allem sollte Gedanken und Phantasien freien Lauf gelassen werden.

Gesagt, getan!

 

MAN Diesel & Turbo

MAN B&W Diesel AG, seit 2010 fusioniert mit der MAN Turbo AG in MAN Diesel & Turbo SE, ist der Weltmarktführer bei großen Dieselmotoren für Schiffe und Kraftwerke. Der Unternehmenssitz befindet sich direkt vor der Haustüre in Augsburg, daher auch die Idee einer Motorenabfertigung auf dem MAN Werksgelände.

MAN Diesel hat eine große Tradition im Dieselmotorenbau. Rudolf Diesel entwickelte 1897 den ersten Dieselmotor in Augsburg. Die dänische Tochter Burmeister & Wain mit Firmensitz in Kopenhagen wurde in den 1980er Jahren zugekauft.

Das Werk in Augsburg konstruiert und produziert Dieselmotoren für Schiffsantriebe und Kraftwerke mit einer Leistung zwischen 430 kW und 97.300 kW. Ausgeliefert werden diese per LKW-Schwertransport zum Neckar-Hafen Heilbronn.

 

Motoren-Vorbild

Das Vorbild für das Motoren-Modell ist ein MAN 18V 48/60: Hinter dem scheinbar kryptischen Namen des Viertakters steckt eine sinnige Nomenklatur. Es handelt sich um eine Maschine mit 18 V-förmig angeordneten Zylindern, deren Kolben einen Durchmesser von 48 und einen Hub von 60 Zentimetern haben. Das Gewicht beträgt betriebsfertig ca. 375 t, transportiert wird jedoch in abgespeckter Form ohne Ölwanne und diverse Anbauten wie Galerie etc.

 

Schiffsdiesel-Transporte

Der MAN-Standort aus Augsburg ist für die weltgrößten 4 Takt Dieselmotoren der Welt sicher nicht gerade optimal (2 Takt Motoren baut B&W - Burmeister & Wain in Dänemark). Die Motoren wurden früher immer zerlegt und mit der Deutschen Bundesbahn nach Bremen gebracht und dort wieder zusammengebaut.

Im Juli 1987 wurde begonnen, diese riesigen Motoren auf dem Landweg von Augsburg nach Heilbronn zu bringen und dort aufs Binnenschiff zu verladen. Damals wurde die Bevölkerung noch mit Streckenplänen und Zeitungsartikeln auf eventuelle Probleme der Transporte vorbereitet. Es wurden Fabriktore verbreitert und als Startzeitpunkt wurde der späte Samstagnachmittag gewählt. Schon bei der Planung ging man davon aus, dass die geplante Strecke (ca. 10 km Stadtgebiet) bis Sonntag früh dauern könnte.

Heute zählen die Dieselmotoren-Transporte der Firma Voss International aus Dortmund zu den größten regelmäßigen Schwertransporten in Deutschland – kaum noch beachtet bzw. bemerkt von den Bürgern. In Spitzenzeiten ist die Firma Voss mit 2 Brücken für MAN unterwegs - dann werden 2 Motoren pro Woche nach Heilbronn zur Schiffsverladung gebracht.

Voss fährt die Diesel nach Heilbronn in 3 Etappen, zum einen von Augsburg bis Dillingen, von Dillingen bis Laufen und von Laufen bis Heilbronn. Es gibt einige Schwierigkeiten auf der Strecke; dafür braucht die Firma spezielle Hubhebelbrücken, mit welchen die Motoren ca. einen knappen Meter angehoben werden können. Die Firma Voss verfügt über 4 solcher Hubhebelbrücken mit 55, 150, 300 und 380 t Nutzlast. Das Gewicht der Motoren beträgt regelmäßig um die 150-200 t. Bei starken Steigungen muss neben den beiden regulären Zugmaschinen eine dritte Zugmaschine vorne vorgespannt werden.

 

Motoren-Modell

Für ein MAN B&W-Werbemodell hatte Heico Ladegüter bereits 2001/2 ein Gipsmodell entwickelt; das Motorenmodell hat es auch zusammen mit einer Holzkiste in einem separat erhältlichen Sonderset zu kaufen gegeben. Dieses Modell, einige MAN Konstruktionszeichnungen sowie  eine Mischung aus Fantasie, Original und Machbarkeit haben das Design des Motorenmodells bestimmt.

Das Ausgangsmaterial ist ein PVC-Vollblock. Das Gewicht des Modells liegt trotz Hohlbohren bzw. Fräsen bei immer noch gut 300 Gramm. Besonders aufwändig gestaltete sich, dass das Modell nicht symmetrisch, sondern mit unterschiedlichen Konturen an der rechten und linken Motorenseite ausgestattet ist.

 

Schwerlastzugmaschinen

Damit das riesige Gewicht bewegt werden kann, bedarf es ordentlicher Zug- und Schubkräfte. Hierfür habe ich 3 verschiedene Generationen von Schwerlastzugmaschinen – selbstverständlich alle MAN – ausgewählt:

1)     MAN FE 600 A (E2000 Evo)

Basismodell ist das Herpa Sondermodell 264143 zur Intermodellbau 2003, bei dem der Radstand Voss-gerecht verlängert wurde. Dazu mussten auch die Kotflügel zwischen der 2. und 3. Achse sauber getrennt werden. Der Schwerlastturm wurde von der E2000 übernommen, jedoch hat die Zugmaschine die große Auspuffanlage von der TGA bekommen. Die Ballastpritsche wurde durch eine größere von Herpa ersetzt und weiter nach vorne gesetzt. Die neue Schwerlaststoßstange ist ein Resinbauteil und stammt von Langer Modellbau. Aufwendig war insb. die Neugestaltung der typischen Doppelscheinwerfer hinter Glas.

2)     MAN TGA 41.660 XL

Die TGA habe ich zum Arbeitstier mutieren lassen. Basis bildet wieder ein Herpa Sondermodell mit der Nr. 269308 zur Intermodellbau 2004. Die Änderungen umfassen v.a. eine neue verlängerte Resin-Ballastpritsche von Langer Modellbau, einen neuen Radsatz samt MAN-Radzierblenden von Rietze sowie eine Radabdeckung aus Riffelblech für 4-achs Schwerlastzugmaschinen von DS-Design. Das Betongewicht stammt als Resinbauteil von TL-Modellbau. Fahrgestell und Schwerlastturm sind unverändert geblieben.

3)     MAN TGX 41.680 XXL

Warum eine rote Zugmaschine? Voss konnte im Rahmen der TGX-Vorführung „Trucknology Roadshow“ 2008 eine TGX-Vorführmaschine testen. Entsprechend trägt diese eine rote MAN-Farbgebung samt Bedruckung und entstammt dem MAN-Sonderset mit der Herpa Nr. 289214 (MAN Teilenr. ZY.HE028-9214). Ergänzt wurde diese lediglich um eine große Resin-Ballastpritsche samt integriertem Ballastgewicht von TL-Modellbau. Wie die beiden vorausgehenden Zugmaschinen ist auch die TGX an beiden Vorderachsen lenkbar ausgeführt und mit Voss-Kennzeichen versehen.

 

Kesselbrücke

Die mit Sicherheit langwierigste Arbeit war der Bau einer adäquaten Kesselbrücke. Am Anfang dachte ich noch an den einfachen Zusammenbau des Kibri-Bausatzes 10498. Jedoch hat die Realität und Perfektion ständig mehr gefordert, so dass das Bauvorhaben mit 3 verbauten Kibri-Kesselbrücken endete.

Warum? Schon allein das Gewicht des Motors erfordert ein ordentliches Fahrwerk, so dass unter 2x 10 Achsen nichts machbar war. Um das Gewicht jeweils in der Mitte der Herpa Goldhofer-Roller platzieren zu können, mussten die Tragschnäbel verlängert werden. Dazu waren die original Kibri-Teile aber zu schwach ausgelegt; zudem sieht der Original-Bausatz nur eine mittige hydraulische Anlenkung vor. Bei größeren Brücken wie auch bei Voss sitzen die Hydraulikstempel aber an beiden Seitenteilen.

Für die Verlängerung der Tragschnäbel habe ich die Originalteile an der eigentlichen Brücke komplett abgeschnitten und durch eine eigene Konstruktion ersetzt. Diese entstand aus den Vierkantprofilen, die auch unter dem Motor ihren Dienst verrichten und den zusätzlich notwendigen 2. und 3. Bausätzen entstammen. Sämtliche neu erforderliche Anlenkteile sind dann in Eigenarbeit mit Mini-Kreissäge und Tellerschleifgerät entstanden.

Die erste Belastungsprobe war trotz des relativ hohen Motoren-Gewichts bereits erfolgreich, da die Vierkantprofile innen verstärkt wurden. Dennoch habe ich mich zur Sicherheit dazu entschlossen, den Motorenblock durch 2 zusätzliche M6-Schrauben durch die Modulplatte von unten abzustützen (auch zu Transportzwecken).

Die Hydraulikleitungen sind aus einer Schaltlitze mit einem Durchmesser von 0,05 mm entstanden. Die Zurrhaken und -ketten sind von Weinert, die beiden Hatz-Motoren auf den Rollern von TL-Modellbau.

 

Gebäude

Aufgrund der Modulgröße ist nicht viel Platz für Gebäude. Nichtsdestotrotz wurden 3 Bausätze verbaut.

Die angedeutete Fabrikhalle ist aus einem amerikanischen Walthers Bausatz eines Lokschuppens entstanden, der wiederum mittels Mini-Kreissäge dreifach – in Länge, Breite und Höhe – gekürzt und wieder zusammengebaut und gespachtelt wurde. Nachdem durch das nunmehr vergrößerte Auslieferungstor in die Halle geblickt werden kann, musste auch ein adäquates Innenleben eingebaut werden. Hierbei hilft insb. der Walthers Brückenkran, der von einem  Außen- zum Inneneinsatz auf Stelzen umgebaut wurde sowie die 2. Innenwand, die den Eindruck einer verputzten Wand entstehen lässt und aus zusätzlichen Polystyrol-Platten entstanden ist.

Etwas Bauchschmerzen bereitete insb. die nur rudimentär vorhandene Idee eines leichten Umschlagkrans auf dem Außengelände. Voller Euphorie und Umbauphantasien stürzte ich mich zunächst auf den Vollmer-Containerkran mit der Nr. 5620. Doch weit gefehlt – das Modell ist um Welten zu groß und viel zu modern für die Fabrikhalle. Also, alles verworfen und doch wieder zurück zum altbewährten Kibri Überladekran mit der Nr. 8543. Dieser musste „nur“ in der Länge auf die Modulbreite von 25 cm gekürzt werden und die Außen-Stabilisatoren auf Innen-Stabilisatoren umgebaut werden.

 

Farbgestaltung

Bei den Farben habe ich auf bewährte Tamiya Acryl-Farben zurückgegriffen, und zwar auf X4 blau (RAL 5010 enzianblau), X6 orange (RAL 2004 reinorange), X8 zitronengelb (RAL 1018 zinkgelb) und X22 Klarlack. Diese wurden in unterschiedlichem Maße mit dem Mattiermittel X21 abgestumpft. Zur Grundierung verwendete ich Revell Aqua Color Basic.

Die notwendigen Decals stammen entweder von TL-Decals oder wurden selbst mit Hilfe einer Inkjet-Folie, eines Tintenstrahldruckers und versiegelndem Klarlack hergestellt. Letzteres war insb. für die MAN-Ladegüter auf dem Werksgelände von Nöten.

Neue Wege beschritten habe ich insb. bei der Alterung (sog. Weathering) der Gebäude und Fahrzeuge. Habe ich dies bislang mit der Airbrush-Poistole getan, so bin ich nun erstmals auf Farbpigmente aus dem Patina-Pulver von Noch übergegangen und bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Die Versiegelung erfolgte nicht wie sonst üblich mit einem Haft- und Fixierspray, sondern wiederum mit Tamiya Klarlack in mattierter Form.

 

Bauteileübersicht

Bastian

1x

50105

90 t Hakenflasche aus Metall

Bastian

1x

31195

Scheuerle SPMT inkl. Powerpack

Conrad

1x

605900  

Schaltlitze 0,05 qmm schwarz

DS-Design

1x

500095

Riffelblech-Radabdeckung für 4-achs SZM

DS-Design

2x

500105

Abdeckplane zusammengerollt

FKS-Modellbau

1x

087-060-01

Kanaldeckel Typ 1 rund

FKS-Modellbau

1x

087-060-04

Kanaldeckel Typ 4 eckig

FKS-Modellbau

1x

087-060-15

Schachtabdeckung Typ 1

Marcus Langer

3x

 

Kibri Kesselbrücke gross

Marcus Langer

1x

 

Schwerlaststoßstange für MAN F2000 Evo

Marcus Langer

1x

 

Ballastbrücke für MAN TGA 3teilig

TL-Plus

1x

86002

Gerätekiste Holz

TL-Plus

1x

83057

Ballastgewichte Beton

TL-Plus

1x

83016

Ballastpritsche

TL-Plus

1x

82003

Ladegut Großplane

TL-Plus

1x

82024

Montagestützen "Elefantenfuss"

TL-Plus

1x

82023

2 Paletten

TL-Plus

2x

89003

Hatz Motor

TL-Plus

1x

82015

Ladegut Maschine unter Teilplane

TL-Plus

1x

82027

Hakenflanschen

TL-Decals

1x

1349

Decalset Voss International

TL-Decals

1x

1350

Decalset Voss International

TL-Decals

1x

1770

Decalbogen Fabrik

TL-Decals

1x

1771

Decalbogen Fabrik

Herpa

1x

050333

Lenkungsteile für LKW

Herpa

1x

051811

Zug- und Druckeinrichtung Schwerlast

Herpa

2x

154048

MAN TGA XXL Schwerlast-Sattelzug "Max Bögl"

Herpa

1x

264143

MAN FE 600 A (E2000 Evo)

Herpa

1x

269308

MAN TGA 41.660 XL

Herpa

1x

289214

MAN TGX 41.680 XXL aus MAN „Trucknology Roadshow“ Werbeset

Kibri

4x

34125

Straßenplatte mit Gleiskörper, 20 x 12 cm

Kibri

6x

34128

Betonplatte, 20 x 12 cm

Kibri

1x

8543

Überladekran zum Sägewerk

Kibri

1x

8609

Ausgestaltungsset Entlüftung

Noch

1x

61165

Patina-Pulver

Preiser

1x

10037

Figuren Autokran-Personal

Preiser

1x

10458

Figuren THW-Helfer

Preiser

1x

10433

Figuren THW-Helfer und Schweißer

Tamiya

6x

 

Diverse Acryl-Farben

Walthers

1x

 

Bausatz Car Shop (Wartungshalle für Lokomotiven und Wagen)

Walthers

1x

 

Bausatz Overhead Traveling Crane (Brückenkran)

Weinert

1x

3347

Ätzteilbausatz Fabrikzaun mit 2 Toren

Weinert

1x

3352

Steinsockel für Fabrikzaun

Weinert

1x

9260

Zurrhaken für Ladegüter

Weinert

1x

9319

Zurrkette 0,3 mm Drahtstärke

Alles in allem sind für das Modul in etwa 500 EUR, unzählige Stunden Arbeit und zahlreiche Nerven investiert worden.


 

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Josima